Notorische Nerven

Man kann von Lehrpersonen hören

dass kleine Schlingel, wie auch Gören

im Unterricht zuweilen stören

Nimmt deren Unruh überhand

bringt das die Klasse an den Rand

Herausfordernd sind solche Unterrichtsklippen

gar rasch springt ein Wort über Erzieherlippen:

Lass dies,…

lass das,…

hör‘ auf zu Nerven!…

 

Muss man die These vielleicht verwerfen,

die Nerven seinen nur passive Stränge?

Bringen sie nicht vielmehr viel in die Gänge?

Mit ihrem Zappel und Räuspern und Ranggen

mit ihrem Getuschel und Kichern und Zanken

legen die Ranken den Beweis an den Tag:

Nerven sind aktiv, vor allem die blanken.

 

Statt gleich motorische Nerven zu sehen,

darf man notorischen Nervern gestehen:

Stören stört  –  und ist doch eine Tugend,

sowohl von den Nerven, wie auch von der Jugend

 

 

Radix

Entwurzelt liegt saftlos

die Rübe auf dem Feld,

dem Urgrund entrissen,

der den Strom des Lebens

ihr vormals gegeben.

 

Zurück?

 

Zurück ist nicht mehr.

Nicht verjüngend ist die Rückkehr.

Als Speise liegt die Rübe zum Verzehr.

 

Wenige nur,

die dem Strom des Lebens treu geblieben,

gepflegt zur Samenbildung,

die in sich trägt den Keim

zu neuem Werden.

 

Mensch des Westens,

des Südens und des Ostens.

Deine Wurzel, tief gegründet

war sie einst im Muttergrund.

Nun liegst du, zerstreut,

von Angst und Ohnmacht halb gelähmt.

 

Besinne dich.

Da sind Einzelne,

die nicht vergessen haben

und gepflegt den Lebensstrom

und Keim um Keim den Samen weitergeben,

dass neu verbinde sich dem Grund,

das Geschlecht der Menschen

und erspriesse und entfalte jenen Baum,

der dem Zeitenstrom entrissen,

blüht und fruchtet immerdar;

nicht fragend nach dem Stoff, der Art,

nur nach dem Sein,

das der Erfüllung harrt.